Nervensystemfreundlich? Wie flexible Angebote alte Traumamuster verstärken
- Corinne Küng

- 28. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Okt.
Immer öfter stosse ich auf Angebote, die sich „nervensystemfreundlich“ nennen – und ich kenne sie aus eigenen Erfahrungen in den letzten fünf Jahren seit ich mich in dieser Welt bewege.
Gemeint ist: Du kannst kommen und gehen, wie du möchtest. Du passt die Teilnahme deinem Alltag an. Keine fixen Zeiten, keine Verpflichtungen.
Speziell Online-Angebote – von einzelnen Workshops bis zu kompletten Ausbildungen rund ums Nervensystem – werden so beworben. Klingt vielleicht sogar logisch und ganz bestimmt verlockend.
Doch aus traumasensibler Sicht ist das keineswegs nervensystemfreundlich. Im Gegenteil: Es kann alte Traumamuster verstärken.
Was Trauma mit Abrunden zu tun hat
Trauma bedeutet – aus Nervensystemperspektive betrachtet – dass ein Aktivierungszyklus nicht abgeschlossen werden konnte. Überlebensenergie bleibt im Nervensystem stecken.
Die Folge: Viele Dinge im Alltag werden nicht richtig beendet oder abgerundet. Unsere Gesellschaft, geprägt von Multitasking und ständigem Tun, verstärkt dieses Muster oft noch.
Manchmal wird es sogar positiv bewertet: „Er ist eben ein gefragter oder sehr engagierter Pinguin…“
So ist es längst normal, dass Menschen einen Workshop vorzeitig verlassen, weil der nächste Termin ruft. Oder dass wir von einem Termin zum nächsten hetzen – und dabei weder beim einen noch beim anderen wirklich präsent sind.
Doch wenn ausgerechnet in Angeboten, die sich „nervensystemfreundlich“ nennen, ja sogar ganze Ausbildungen rund ums Nervensystem damit beworben werden, dann wurde etwas Essenzielles nicht verstanden! Es geht aber auch anders.
Was Anbieter:innen tun können
Zeiten klar kommunizieren: Vermittle weshalb das Respektieren der Zeitfenster wichtig ist.
Verbindlichkeit leben: Plane dein Angebot so, dass die Inhalte ins vorgesehene Zeitfenster passen - das timekeeping gehört zu deinen Aufgaben als Raumhalter:in. Überziehst du immer wieder? Überprüfe deine Grenzen, die damit verbunden sind.
Klare Absenzenregelung: Definiere, wie mit fehlenden Teilnehmer:innen umgegangen wird, besonders bei Aus- und Weiterbildungen.
Begleitung anbieten: Unterstütze, wenn es im Prozess unangenehm wird – etwa wenn zu viel Aktivierung im Nervensystem spürbar ist. Wenn du dies nicht selbst übernehmen kannst, engagiere Assistent:innen, die Co-Regulation anbieten können.
Übergänge gestalten: Baue bewusste Zeitfenster zum Ankommen und Ausklingen ein.
Was Teilnehmer:innen tun können
Verbindlich teilnehmen: Nimm dir bewusst Zeit für den gesamten Call – von Anfang bis Ende.
Aufzeichnungen nutzen: Wenn du bei Online Angeboten nicht live dabei sein kannst, schau dir die Aufzeichnung in voller Länge an.
Abrunden üben: Plane deine Aktivitäten so, dass du eines nach dem anderen erledigst. Sorge für genügend Zeit für Übergänge und Pausen.
Fazit
Abrunden bedeutet aus Nervensystemsicht: De-aktivieren und einen Zyklus wirklich abschliessen – im Kleinen wie im Grossen.
Wirklich nervensystemfreundlich ist also nicht maximale Flexibilität, sondern die Fähigkeit, Verbindlichkeit und Abrunden zu üben – für uns selbst und miteinander.
Lass uns gemeinsam lernen und wachsen und die Welt zu einem sicheren Ort machen . Was verstehst du unter einem sicheren Raum? Welche Gedanken oder Erfahrungen möchtest du dazu teilen? Ich freue mich über deinen Kommentar.
So kann ich dich aktuell unterstützen
Meine Mission mit Traumasensible Räume ist mehr Sicherheit in diese Welt zu bringen. Von innen nach aussen! Mit diesen drei Angeboten kann ich dich aktuell darin unterstützen:
✨ 1:1-Begleitung SHIFT (in Luzern oder online via Zoom) – Kultiviere deine Kapazität ✨ RegulationsRaum trainiere deine Selbstregulation - lebending, frei und natürlich - mitten in deinem Alltag.
✨ Nervensystem-Workshop in Luzern – erfahre in einer kleinen Gruppe auf spielerische und kreative Art mehr über deine Nervensystem-Zustände und wie sie sich in deinem Alltag zeigen.
✨ Resonanzraum – wir nehmen gemeinsam dein Angebot unter die traumasensible Lupe nehmen und schauen, wie du dein Setting sicherer gestalten kannst. Schreibe mir dafür mit deinem Anliegen am besten eine E-Mail: info@corinnekueng.ch
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